Status der Regionalsprache

Rechtlicher Rahmen
Verwaltung
Religion    

Rechtlicher Rahmen

Der rechtliche Rahmen der Regionalsprachen wurde durch das Kongressvotum in Versailles vom 21. Juni 2008 dahingehend geändert, dass in die Verfassung ein Artikel 75-1 aufgenommen wurde, nach dem „die Regionalsprachen zum Erbe Frankreichs gehören“. Dies ist ein historischer Moment. In welcher Weise wird diese neue Lesart der Verfassung konkret den Umgang mit der Regionalsprache des Elsass verändern?
Artikel 2 der Verfassung, welcher noch immer das Französische zur Amtssprache der Französischen Republik bestimmt, wurde als Folge der Verfassungsänderung Nr. 92-554 vom 25. Juni 1992 in das Verfassungsgesetz aufgenommen, welche anlässlich der Ratifizierung des Maastrichter Vertrags durch Frankreich verabschiedet und in die Verfassung aufgenommen worden war.
Französisch als Amtssprache ist ebenfalls die Rechtssprache (für das Elsass: Anordnung des Ministerrats vom 2. Februar 1919 Art. 1). Dabei gilt nach dem allgemeinen Gesetz: wenn sich die Parteien vor Gericht auf Elsässisch bzw. auf Deutsch ausdrücken, was immer seltener vorkommt, ist der Richter in zivilrechtlichen Angelegenheiten nicht verpflichtet, „einen Dolmetscher zu bestellen, wenn er die Sprache kennt, in der sich die Parteien ausdrücken“ (Art. 23 der neuen Zivilprozessordnung). Im Strafrechtlichen ist er hingegen dazu verpflichtet (Art. 407), wenn der Angeklagte der französischen Sprache nicht mächtig ist. Für die Betroffenen sind damit keine Mehrkosten verbunden. Es handelt sich um Gerichtsdolmetscher.

Notarielle Urkunden (Art. 2 der Anordnung vom 2. Februar 1919) sind in französischer Sprache aufzusetzen. Wenn aber die Betroffenen erklären, die Urkunde auf französisch nicht zu verstehen, dürfen sie in hochdeutscher Sprache aufgesetzt werden. 
Das Gesetz vom 14. Mai 1930 schafft die Bestimmung ab, nach der in den Gemeinderatssitzungen deutsch gesprochen werden soll. Es gibt demnach keine ortsrechtlichen Bestimmungen, die für die Gemeinderatssitzungen bestimmte Sprachen vorschreiben. 
Die Gemeinden haben heute die Möglichkeit, für Straßen oder andere bekannte Orte neben dem französischen Namen den ursprünglichen elsässischen oder hochdeutschen Namen auf den Straßenschildern anzugeben.
Entsprechend einer Richtlinie vom 8. August 1919 können Wahlplakate und Wahlprogramme zusätzlich auch auf Deutsch veröffentlicht werden. Aber dieses Rundschreiben hat rechtlich keinen Wert, es handelt sich eher um Gewohnheitsrecht als um anerkanntes Recht.

Verwaltung

Die Verwaltungssprache ist in Frankreich das Französische. Bei Bewerbungsausschreibungen für Beamte brauchen die Bewerber keine Kenntnisse der Regionalsprache vorzuweisen. Kontakte der Bürger mit der zentralen Staatsverwaltung (Zoll, Präfektur) in der elsässischen Umgangssprache sind nicht vorgesehen. Je nach angesprochener Person ist der Gebrauch des Elsässischen möglich, wird aber immer seltener, einfacher ist es bei der lokalen oder regionalen Verwaltung. Das Departement Haut-Rhin hat die Beamten ausdrücklich dazu aufgefordert, im Publikumsverkehr die Regionalsprache einzusetzen. Das Gesetz vom 22. Juli 1923, das den Status der französischen Staatsbeamten im Elsass regelt, sieht in Artikel 5 wegen der Schwierigkeit, ein besonderes Ortsrecht anzuwenden und mit einer „Fremdsprache“ konfrontiert zu sein, eine Ausgleichszahlung in Höhe von 8 bis 18% je nach Gehaltsklasse vor. Diese wurde 1946 in Form eines Zuschusses „wegen zusätzlichem Verwaltungsaufwand“ wieder eingeführt.

Religion

Das französische Gesetz vom 9. Dezember 1905 über die Trennung von Kirche und Staat trifft auf das Elsass nicht zu, da dieses Gesetz im Elsass und in der Moselle nach der Rückkehr zu Frankreich aufgrund der vehementen Opposition der Bevölkerung nicht eingeführt wurde. Die Rechtslage unterscheidet sich sehr von der strengen Trennung im restlichen Teil der Republik und ist ähnlich wie in Deutschland: Die katholischen Erzbischöfe, die hohen Geistlichen der evangelischen Kirchen und der jüdischen Gemeinden werden erst durch bzw. nach Zustimmung der öffentlichen Behörden ernannt. Die katholischen, evangelischen und jüdischen Geistlichen werden vom französischen Staat bezahlt. Der Religionsunterricht ist in öffentlichen und privaten Schulen Pflicht. 

Es gibt wenig zweisprachige oder deutschsprachige Gottesdienste. Der Erzbischof von Straßburg, S. Exz. Elchinger, erklärte 1966: „Der Gottesdienst sollte nur in französisch gehalten werden, da dies die Sprache der Jugend ist“. 1992 ist in dieser Haltung eine späte Änderung eingetreten, als sein Nachfolger, S. Exz. Brand, erklärte, „dass die zukünftigen Priester die deutsche Sprache in Wort und Schrift weiter kultivieren bzw. oder wieder einführen würden“. Bei den meist lutherischen Protestanten hält sich das Deutsche besser, es gibt fast ebenso viele Gottesdienste in deutscher wie in französischer Sprache.