Definition der Regionalsprache
Das Elsass und der deutschsprachige Teil des Departements Moselle (einst etwa “ Elsass-Lothringen ”) liegen an der deutsch-romanischen Sprachgrenze, die sich seit etwa tausend Jahren kaum verändert hat. Was wir heute „Elsässisch“ nennen, was früher deutsch, dann deutsches Elsässisch hieß, ist auf die alemannischen und rheinfränkischen Mundarten zurückzuführen, die sich in unserer Region seit den großen Völkerwanderungen im 4. und 5. Jahrhundert durchgesetzt haben. Dieser Sprachraum deckt sich nicht mit den heutigen nationalen Grenzen, so dass das Alemannische sowohl im Elsass, als auch in Baden, in der deutschen Schweiz, in Liechtenstein und in Vorarlberg (Österreich) gesprochen wird, wobei es sich in vielerlei lokale Variationen auffächert, die Dialekte.
Dialekte sind gesprochene, nicht kodifizierte Umgangssprachen. Die unserem elsässischen Dialekt entsprechende geschriebene und kodifizierte Standardsprache ist das Hochdeutsche. Interessant ist, dass diese sich ständig entwickelnden Dialekte vor dem standardisierten Hochdeutsch existierten. Die Hochsprache ist die Sprache der Verständigung und der interregionalen Kommunikation zwischen allen Deutschsprachigen, die sich ab den 15. Jahrhundert entwickelt hat. Der elsässisch Sprechende wird die Hochsprache leicht lernen, da sie sich aus dem Sprachraum des Mittel- und Oberdeutschen entwickelt hat, dem diese Mundarten angehören. Im Elsass wird zudem eine den regionalen Eigenheiten angepasste Lernmethode eingesetzt.
„Standardsprache“ und „Umgangssprache“ (Dialekt) haben verschiedene Funktionen. Es gibt keine Hierarchie. Sprache ist nicht allein Kommunikationsmittel, sie hat auch expressive und identitäre Funktion, und diese kommt vor allem der einheimischen, gesprochenen Sprache zu.
Die Zugehörigkeit des Elsässischen zum deutschen Sprachraum bedeutet nicht etwa, dass es keine Eigenheiten hätte, insbesondere Einflüsse und Beimischungen des Französischen, ohne dass dies seine Abstammung, Geschichte oder Sprachstruktur beeinflussen würde. Es gibt im Elsass nur sehr wenige Menschen, die nur eine „Sprache“ sprechen. Je nach Zusammensetzung der Sprechenden und des Umfelds wird entweder der Dialekt oder das Französische gesprochen; in einem zweisprachigen Umfeld kann zwischen beiden hin und her gesprungen werden („code switching“). Dies kann auf unvollständige Sprachbeherrschung hinweisen, kann aber auch ein Spiel sein.
Teilweise will die Bevölkerung die Verwandtschaft des Elsässischen mit dem Deutschen nicht mehr wahrhaben. Dies erklärt sich durch die Ablehnung alles Deutschen nach dem nationalsozialistischen Terror. Wenn wir auch die achtsame Erinnerung an diese Vergangenheit nicht aus den Augen verlieren sollten, bedarf es heute einer objektiven und versöhnenden Einstellung.
Aus dieser Herleitung ergibt sich eine Definition der „Regionalsprache“ in ihrer doppelten Realität als deutscher Dialekt und deutsche Hochsprache. Diese Definition wurde 1985 offiziell von Rektor Deyon formuliert:
“ Es gibt nur eine wissenschaftlich anerkannte Definition der elsässischen Regionalsprache, es handelt sich um die elsässischen Dialekte, deren Schriftform die deutsche Hochsprache ist ”.
Adrien Finck | Frédéric Hartweg | Raymond Matzen | Marthe Philipp |
Emeritierter Professor für deutsche und elsässische Literatur | Universitätsprofessor an der Straßburger Universität | Ehemaliger Leiter des Instituts für elsässische Dialektologie | Honorarprofessor für Linguistik und Dialektologie |
Marc Bloch-Universität - Robert Schuman-Universität